Vor einem Jahr widmete sich das Südwind-Magazin (11/2011) ausführlich dem Thema Aluminium. Nun ist ein Buch erschienen, das das umstrittene Metall noch viel bedrohlicher erscheinen lässt, als viele bisher annahmen.
Wie viel Aluminium haben Sie heute schon zu sich genommen? Wenn es nach den Recherchen des Wissenschaftsjournalisten Bert Ehgartner geht, dann sind es innerhalb der ganzen Woche etwa 0,2 bis 1,5 Milligramm pro Kilogramm Ihres Körpergewichts. Denn das vielseitig einsetzbare Leichtmetall ist auch dort enthalten, wo wir es gar nicht vermuten würden – etwa in Deodorants, Sonnencremen, Medikamenten gegen Sodbrennen, in Milch- und Backpulver und in zwei Drittel aller Impfungen. In den menschlichen Körper aufgenommen kann es dort einiges anrichten.
Jahrelang hat Bert Ehgartner zu den Schattenseiten des glänzenden Metalls recherchiert, nun ist sein Buch „Dirty Little Secret. Die Akte Aluminium“ erschienen. Auch einen Dokumentarfilm hat Ehgartner produziert, eine Kurzversion soll dieser Tage im ORF laufen, die Langversion soll im nächsten Jahr in die Kinos kommen.
„Mein Buch ist in erster Linie ein Plädoyer für mehr Forschung“, sagt Ehgartner gegenüber dem Südwind-Magazin. „Es braucht einen Anfang, diesen Schutzwall, der derzeit rund um das Thema Aluminium besteht, zu durchbrechen.“
Ehgartners These: Aluminium könnte an zahlreichen Krankheiten – darunter Alzheimer-Krankheit, Parkinson, Brustkrebs oder Multiple Sklerose – ursächlich beteiligt sein. Es könnte jener lang gesuchte Umweltfaktor sein, der zentral zum rasanten Anstieg von Asthma, Allergien oder Autoimmunstörungen beigetragen hat. Denn Aluminium, so Ehgartner, sei einer der mächtigsten Manipulatoren des Immunsystems.
Auf fast 300 Seiten schildert er in seinem Buch ausführlich Geschichte, Gewinnung, Nutzung und mögliche Wirkung des Metalls. Er erklärt, warum bei Krankheiten wie der Dialyse-Demenz Aluminium als Verursacher klar festgestellt wurde und welche Anhaltspunkte es in der Forschung dafür gibt, dass Aluminium auch an anderen Krankheiten wie Brustkrebs mit schuld sein könnte. Die Indizien sind ernstzunehmend, stichhaltige Beweise fehlen aber eben in den meisten Fällen – ein Grund, warum es für Ehgartner auch schwierig war, das Buch bei einem Verlag anzubringen. „Es gab immer zwei Reaktionsmuster: Die einen sagten, was soll mich Aluminium interessieren, da kann ich genauso ein Buch über Kupfer, Blei oder Blech machen. Die anderen sagten, diese Gesundheitsgefahren seien zu spekulativ.“ Denn Aluminium werde in der Öffentlichkeit derzeit als weitgehend harmlos dargestellt, es herrsche eine seltsame Berührungsangst bei Behörden und in der Forschung. „Man kriegt relativ rasch den Vorwurf, man sei ein Anhänger von Verschwörungstheorien, sei Impfgegner oder ein Feind der Pharmaindustrie. Das sind alles Argumente, die sofort kommen, wenn man sich so wie ich kritisch mit medizinischen Themen auseinandersetzt“, sagt Ehgartner. „Wäre es umgekehrt, müssten diejenigen, die Aluminium verwenden, nachweisen, dass es harmlos ist, dann gäbe es bald keine Aluminiumprodukte mehr.“
Bert Ehgartner: Dirty Little Secret.
Die Akte Aluminium, Ennsthaler Verlag,
Steyr 2012, EUR 24,90
Der Trend sieht jedenfalls anders aus: In den nächsten 20 Jahren soll sich die Nachfrage nach Aluminium noch einmal verdoppeln. Viel landet in Autos, Fassaden und Verpackungen. Gewonnen wird es aus Bauxit, das vor allem im Tropengürtel der Erde vorkommt. Die bedeutendsten Vorkommen liegen unter anderem in Jamaika und Brasilien – Länder, die Ehgartner auf seinen Recherchen besucht hat. Er war entsetzt über die Auswirkungen des Raubbaus mitten im brasilianischen Regenwald, wo über 18 Millionen Tonnen Bauxit im Jahr gefördert werden. Noch mehr schockierten Ehgartner aber die Arbeitsbedingungen in den Aluminiumraffinerien, wo das Bauxit weiterverarbeitet wird und Unmengen an gefährlichem Rotschlamm anfallen. Eine schmutzige Industrie, die immer mehr in die Entwicklungsländer verlagert werde. „Die wirklichen Gewinne – denn bei jedem Verarbeitungsschritt steigt der Wert des Materials um das Fünffache – werden in den reichen Ländern gemacht.“
Das wandelbare Leichtmetall hat viele unserer Lebensbereiche durchdrungen. Es sei das Zeitalter des Aluminiums, sagt Ehgartner. Wir müssten nun lernen, damit umzugehen. Dafür enthält sein Buch jede Menge Hinweise. Wer den „Alu-Fallen“ im Alltag aus dem Weg gehen möchte, der kann sich unter anderem an Ehgartners Auflistungen von aluminiumhaltigen Zusatzstoffen in Lebensmitteln und Kosmetikprodukten orientieren. „Es kann mühsam beim Einkaufen sein, aber man findet auch Deodorants oder Lotionen, die deklariert aluminiumfrei sind.“
Beipacktexte von Medikamenten sollten gründlich gelesen werden. Wenn darin steht, man solle bei Einnahme seinen Aluminiumspiegel kontrollieren lassen, sollten die Alarmglocken läuten. Impfungen, die Aluminium enthalten, sind laut Ehgartner nicht zu empfehlen. Leider bieten Impfstoff-Hersteller so gut wie kaum Alternativen an. Immerhin hätte die Europäische Lebensmittelbehörde heuer zumindest drei völlig unnötige Lebensmittelbestandteile aus Aluminium verboten. Es brauche aber mehr öffentlichen Druck.
Dazu will Ehgartner mit seinem Buch beitragen. „Ich möchte, dass darüber gesprochen und der blinde Fleck in der Wissenschaft deutlich wird. Damit wir das ‚dirty little secret’ von Aluminium verstehen, in all seinen Konsequenzen.“
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